20.03.2017
Bestseller-Autor Klaus-Peter Wolf im Interview
Seine Kollegen nennen ihn "den letzten Dinosaurier", weil der Ostfrieslandkrimi-Autor alle seine Romane mit Füller auf Papier entwirft. Sein Roman "Ostfriedentod" hat die Bestsellerlisten gestürmt. Uns von Onken erzählt er, worin für ihn der Zauber seiner ganz analogen Schreibkunst liegt.
Herr Wolf, wo schreiben Sie am liebsten?
Bei mir zu Hause. Wir haben eine überdachte Terrasse mit Strandkorb, wenn der Regen auf das Dach prasselt und ich eine heiße Tasse Tee neben mir stehen habe, genieße ich das Schreiben besonders. Allerdings bin ich für meine Lesungen sehr häufig unterwegs, dann schreibe ich, wo es gerade passt: Im Zug, im Café, in Hotels …
Lenkt Sie dort nicht die Umgebung ab?
Nein, überhaupt nicht. Ich glaube, dass ein Computer mich viel mehr ablenken würde. Menschen laufen an mir vorbei, unterhalten sich, Kinder rufen nach ihrer Mama … Das nehme ich gar nicht mehr wahr, wenn ich in meiner Geschichte versinke. Manchmal sprechen mich Fans an und bitten um ein Autogramm oder eine Signatur. Die gebe ich dann natürlich und wechsle noch ein paar Sätze mit ihnen – bleibe aber trotzdem innerlich bei meinem Roman und kann sofort danach dort weitermachen, wo ich gerade aufgehört habe.
Warum denken Sie, dass der Computer ablenkt?
Ich schreibe alle meine Romane mit der Hand. Das hat den Reiz, dass ich alles andere um mich herum ausblende – es gibt nur das Papier, den Füller und mich. Bei einem Computer trudelt hier eine Mail ein, man checkt dort nochmal Facebook oder recherchiert schnell etwas. So kommt – wenn manchmal auch unbewusst – eine Kopierkultur zustande, die ich für mich nicht möchte. Bei manchen Autorenkollegen kann ich herauslesen, wenn sie im Internet etwas recherchiert haben: Der Textfluss ist anders, die Sprache verändert sich leicht … Wenn ich allerdings mit dem Papier und meinem Stift alleine bin, nutze ich nur meine eigene Inspiration und Erinnerung. Dabei handelt es sich dann auch um einen Filter für die Geschichte, sie ist "wie von mir verdaut" – aber durch nichts anderes beeinflusst.
Wie entwickeln Sie eine Geschichte?
Die entsteht von alleine. Ich fange einfach an und dann entwickelt der Stift ein Eigenleben: Ich habe häufig das Gefühl, dass ich dem Füller beim Schreiben zuschaue. Dann denke ich "In dem Füller steckt aber eine gute Geschichte". Oft kann ich es gar nicht erwarten wie es weitergeht!
Wie geht es mit dem Roman weiter, wenn er handschriftlich auf Papier steht?
Wenn ein Roman auf dem Block fertig ist, lese ich ihn mir selbst vor und lasse dabei ein Diktiergerät laufen. Häufig fallen mir hier schon sprachliche Kleinigkeiten auf, die beim ersten Schreiben unbemerkt geblieben waren. Das Band bekommt dann meine treue Sekretärin, die die Fleißarbeit des Abtippens übernimmt. Dann wiederum geht die gedruckte Form an mich zurück, ich gebe ihr noch einmal einen Formschliff.
Ist handschriftliches Schreiben nicht viel langsamer als Tippen?
Ich glaube nicht. Aber vielleicht ist es bedächtiger. Schmerzt Ihnen denn nicht manchmal die Hand vom vielen Schreiben? Ich hatte in den letzten Jahren drei Mal eine Sehnenscheidenentzündung. Mein letzter Roman war über 800 handschriftliche Seiten lang und in der Endphase habe ich wie wild geschrieben – schon war es passiert. Aber das ist einfach meine Art von Berufsrisiko, damit muss ich leben.
Bevorzugen Sie bestimmtes Papier oder einen bestimmten Füller?
Ich bekomme sehr viel geschenkt. Im Moment schreibe ich zum Beispiel in eine leinengebundene Kladde, die ich von Fans bekommen habe. Manchmal wird es auch sehr emotional: Da überreichte mir eine Frau den Kolbenfüller ihres verstorbenen Mannes mit den Worten "Er hätte sich gefreut, wenn Sie ihn benutzen würden." Das hat mich sehr gerührt. Autogrammkarten und Bücher signiere ich aber mit einem Kugelschreiber, damit nichts verschmiert.
Was sagen Ihre Leser dazu, wenn Sie ihnen erzählen, dass die Romane von Hand entworfen sind?
Ich habe auf jeder Lesung meinen Block mit dabei. Ich frage: "Wollen Sie den neuen Roman sehen?" und halte ihn hoch. Da geht immer ein Raunen durchs Publikum, die meisten Leser finden das ganz toll. Vielleicht weckt es Wünsche oder Sehnsüchte in ihnen, auch selbst wieder häufiger einen Stift in die Hand zu nehmen und nicht den ganzen Tag am Computer zu sitzen.
Ist Ihnen einmal ein Block verloren gegangen?
Ja, darüber hat meine Frau Bettina Göschl sogar ein Lied geschrieben! Es heißt "Wo ist mein Ostfriesenmoor?". Wir waren an einem Abend bei unserem Nachbarn Peter Grendel eingeladen, er spielt seit jeher auch in meinen Romanen eine Rolle. Ich habe meinen Block mitgenommen, weil ich stolz mein fertiges Werk präsentieren wollte. Dann war der Block auf einmal weg. Er blieb unauffindbar, bis Peter Grendel ihn mir eine Woche später wiedergab – er hatte sich den Roman in Ruhe durchgelesen. Ansonsten trage ich meinen Block aber immer bei mir, egal wo ich bin. Er ist wie eine Art Körperteil für mich geworden.
Viele seiner Romane landeten sofort auf Platz 1 der Spiegel-Bestsellerliste. Das ZDF kaufte die Filmrechte und strahlt die Verfilmungen seit April 2017 im Rahmen der ZDF-Samstagskrimis aus. Klaus-Peter Wolf lebt in Norden (Ostfriesland) und ist in ganz Deutschland für Veranstaltungen und Lesereisen unterwegs.
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